In Pferdezuchtbetrieben sind Verfohlungen ein zunehmendes Problem. In Sachsen wurde ein Programm zur Klärung der Ursachen aufgelegt.

 

Dr. Uwe Hörügel,  Pferdegesundheitsdienst,  Sächsische Tierseuchenkasse

 

 

In der Abfohlsaison 2009 wurde dem Pferdegesundheitsdienst (PGD) in Sachsen von einigen Tierärzten, Pferdehaltern und Deckstellenleitern berichtet, dass es zu vermehrten Verfohlungen, Frühgeburten, Missbildungen und erhöhten Fohlensterblichkeitsraten gekommen sei. Hinzu kamen Meldungen aus Sachsen-Anhalt über Abortgeschehen, verursacht durch Herpesvirusinfektionen. Aus Laboruntersuchungen ließen sich wichtige Abortursachen aufdecken und Prophylaxemaßnahmen ableiten.

Für die Saison 2008/2009 sind im Rahmen des Abortprogramms der Sächsischen Tierseuchenkasse (TSK) beim PGD Laborbefunde aus der Landesuntersuchungsanstalt Sachsen (LUA) von 48 abortierten, tot geborenen oder in der ersten Lebenswoche verendeten Fohlen eingegangen. Im Vergleich zu den Jahren zuvor ist die Anzahl deutlich erhöht.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob dieser Anstieg tatsächlich durch eine erhöhte Anzahl an Verfohlungen bedingt wird. Es wäre auch möglich, dass sich die Untersuchungsbereitschaft unter den Pferdezüchtern durch eine vermehrte Aufklärung und verbesserte Einsendungslogistik verbessert hat.
Die tatsächliche Abortrate in der sächsischen Pferdepopulation lässt sich anhand folgender Überlegungen schätzen. Laut den Tierzuchtreporten wurden 2007 in Sachsen 1.848 Stuten bedeckt und im Jahr darauf 1.303 Fohlen registriert. Das ergibt eine Abfohlrate von etwa 70%. Die durchschnittliche Verfohlungsrate wird in der deutschen Pferdepopulation mit etwa 5% angegeben. Das bedeutet, dass etwa 90 Aborte jährlich in Sachsen auftreten müssten.

 

Jeden Fall unbedingt untersuchen lassen

Von der Tierkörperbeseitigungsanstalt (TKBA) Sachsen in Lenz wurden von September 2008 bis Mai 2009 insgesamt 115 Fohlen bis 40 kg entsorgt, etwa 25% mehr als in den vorangegangenen Jahren. Davon wurden 48 in der LUA Sachsen untersucht. Um einen repräsentativen Überblick über die Abortursachen in Sachsen zu erhalten, müssten jedoch mindestens 80% der Verfohlungen abgeklärt werden. Die Pferdehalter sind dringend angehalten, jede Verfohlung zur Untersuchung zu bringen. Der Anteil viraler Ursachen liegt mit 15% zwischen den Ergebnissen anderer Studien. Der Anteil der bakteriologischen Ursachen ist mit 28% deutlich höher. Auffällig ist der hohe Anteil an Nabelschnur-verdrehungen (19%).

 

Wichtige Maßnahmen zur Verringerung von Verfohlungen sind:

  • Erhöhung der Abklärungsrate

  • Es sollten nach Möglichkeit alle Aborte zur Abklärung der Ursache in die LUA transportiert werden. Auch solche Verfohlungen mit einer vermeintlich offensichtlichen Ursache (Missbildungen, Zwillinge) können durch Infektionserreger ausgelöst worden sein und sollten untersucht werden. Wichtig ist, dass das Abortmaterial ( Fetus und Eihaut) möglichst frisch zur Untersuchung gelangt.
    In einigen Fällen sind die abortauslösenden Infektionserreger (Herpesviren) im Fetus nicht vorhanden. Deshalb ist es wichtig, die Eihaut sowie Tupferproben aus der Gebärmutter mit zu untersuchen. Zusätzlich sollte von der Stute kurz nach der Verfohlung und etwa drei Wochen danach eine Blutprobe zum Vergleich der Antikörperspiegel (Serumpaar) entnommen werden.
    Dabei handelt es sich um einen indirekten Nachweis von Aborterregern; ein eventuell deutlicher Anstieg der Antikörperproduktion innerhalb der drei Wochen lässt auf ein akutes Infektionsgeschehen rückschließen.

  • Labordiagnostik

  • Die Ergebnisse der Abortuntersuchung müssen zeitnah vorliegen, damit umgehend entsprechend Schutzmaßnahmen für die übrigen tragenden Stuten des Bestandes getroffen werden können (Behandlung mit immunitätssteigernden Medikamenten). Mittels moderner molekularmedizinischer Methoden (PCR) liegen erste Ergebnisse schon nach zwei Tagen vor.
    Der Anteil von 47% ungeklärter Abortursachen ist hoch. Reserven sind diesbezüglich in der frischen Einsendung sowie der umgehenden Bearbeitung des Probenmaterials vorhanden.

  • Bakteriologische Untersuchung

  • Anhand des hohen Anteils bakterieller Abortursachen ist abzuleiten, wie wichtig es ist, von jeder Stute vor der Bedeckung und auch vor der Besamung eine Tupferprobe aus der Gebärmutter auf Deckinfektionserreger untersuchen zu lassen. Dies sollte auch bei ausbleibender Trächtigkeit während der Zuchtsaison wiederholt werden. Es ist wichtig, die Tupferprobe während der Rosse und möglichst direkt aus der Gebärmutter zu entnehmen. Auch die Hengste müssen regelmäßig durch Genitaltupfer- und Blutproben auf das Vorhandensein von Deckinfektionserregern überprüft werden. Für die Untersuchung der Hengste sowie die Probenentnahme kann der PGD kostenfrei genutzt werden.

 

Neue Stuten getrennt aufstallen

  • Hygienemaßnahmen

  • Das Abortgeschehen in Sachsen hat gezeigt, dass der Erregereintrag in den Stutenbestand in Bezug auf Equine Herpesviren (EHV) fast ausschließlich durch die Zustellung von Stuten mit unbekanntem Gesundheitsstatus erfolgte. Deshalb ist es wichtig, Neueinstallungen und Stuten nach dem Decken oder Besamen auf andere Stationen und nicht sofort mit den tragenden Tieren des Bestandes in Kontakt zu bringen. Sie sollten mindestens drei Wochen von den tragenden Stuten getrennt gehalten und auf Anzeichen von Infektionskrankheiten überprüft werden (Husten, Nasenausfluß, Bindehautentzündung, Fieber, Ödeme). Neuzugänge sollten vor der Einstallung auch auf Virusausscheidungen untersucht werden. Turnierpferde müssen getrennt von den tragenden Stuten untergebracht werden.

    Bei Sperma aus dem Ausland muß darauf geachtet werden, dass es aus einer EU-Besamungs-station kommt. Nur die Hengste in EU-Besamungsstationen und seit 2008 auch in nationalen Besamungsstationen werden auf das Freisein von Equinem Artertisvirus (EAV) geprüft.
    Im Optimalfall sollte die Herde tragender Stuten geschlossen und getrennt von den anderen Pferden des Bestandes gehalten werden. Insbesondere Jungpferde bis zum Alter von fünf Jahren stellen eine Infektionsquelle für tragende Stuten bezogen auf Herpesviren dar. Sie scheiden oft Viren aus, weil noch keine Immunität gegen EHV vorliegt. Stuten mit Fohlen bei Fuß, welche in der laufenden Abfohlsaison erneut gedeckt oder besamt wurden, sollten deshalb eine eigene Herde bilden und keinen Kontakt zu den noch hochtragenden Stuten haben.

    Ein wichtiger Punkt ist auch die Bekämpfung von Ratten und Mäusen. Sie übertragen durch Harn Leptospiren, die ebenfalls Aborte verursachen können. Zudem werden diese Bakterien für die Mondblindheit mitverantwortlich gemacht. Es sollte darauf geachtet werden, dass das Kraftfutter unzugänglich für Schadnager gelagert wird. Bei starkem Befall muß mit Giftködern gearbeitet werden.
    Wenn eine Verfohlung aufgetreten ist, sollte diese Stute einschließlich der Ausscheidungen bis zum Erhalt der Laborergebnisse immer als potentiell infektiös und als Gefahr für die anderen Stuten des Bestandes angesehen werden. Sie muß also möglichst in der Box verbleiben, in der die Verfohlung stattgefunden hat. Das Personal muß durch Hygienemaßnahmen (Handschuhe, Händewaschen und –desinfektion ) eine indirekte Übertragung von Erregern auf andere Stuten vermeiden.

  • Impfungen

  • Eine zusätzliche Möglichkeit der Prophylaxe ist die Impfung gegen Herpesviren. Der beste Schutz wird gewährleistet, wenn alle Pferde des Bestandes regelmäßig mindestens alle sechs Monate gegen EHV geimpft werden. Insbesondere junge Tiere im Alter zwischen sechs Monaten und fünf Jahren sollten geimpft werden. Für tragende Stuten wird empfohlen, diese im fünften , siebenten und neunten Monat zu impfen. Das Herpesprogramm der TSK kann für die finanzielle Unterstützung genutzt werden, die EHV-Bestandsimpfung wird mit 7,00 € pro Impfung gefördert. Die Impfung allein bietet keine hundertprozentige Sicherheit. Nur das Zusammenspiel aller Maßnahmen kann höchstmöglichen Schutz vor infektiösen Aborten bewirken.

 

Fazit:

Die Anzahl entsorgter verendeter Fohlen ist in der Zuchtsaison 2009 um etwa 25% angestiegen. Aus den Ergebnissen der Aborteinsendungen in die LUA Sachsen lässt sich keine Häufung von infektiösen Ursachen feststellen. Die Anzahl der Einsendungen ist zu gering, um eine genaue Analyse ableiten zu können. Die Sächsische Tierseuchenkasse hat zusammen mit dem Staatsministerium für Soziales ein Programm zur Abklärung von Aborten sowie ein Sektionsprogramm aufgelegt.

 

Erlesen und wiedergegeben von Volker Tack