In der heißen Jahreszeit machen den Pferden verstärkt Sommerekzemezu schaffen. Die Tiere reagieren allergisch auf bestimmte Insektenstiche.

 

Dr. Uwe Hörügel,  Pferdegesundheitsdienst,  Sächsische Tierseuchenkasse

 

 

Es ist immer wieder ein jämmerliches Bild : ein sich vor Juckreiz scheuerndes, unruhig umherlaufendes und zum Teil sich am Boden reibendes Pferd mit Sommerekzem.

Man stellt sich zwangsläufig die Frage, ob es nicht möglich ist, das quälende Jucken zu lindern?  Ja, es ist möglich!

Das Sommerekzem ist das Resultat einer allergischen Reaktion der Pferde auf den Speichel von blutsaugenden Insekten. Dabei handelt es sich vor allem um Stechgnitzen (Culicoides) und Kriebelmücken. Wenn die Allergie einmal zum Ausbruch gekommen ist, reichen wenige Insektenstiche aus, den Juckreiz als Symptom der Überreaktion des Immunsystems aufrecht-zuerhalten. Es wird vermutet, dass die Veranlagung für diese Erkrankung genetisch bedingt ist.

Das Sommerekzem ist aber keineswegs eine reine Erbkrankheit. Weitere Fakten wie Rasse und Fütterrung spielen eine begünstigende Rolle, es sind vorrangig Pferde der nordischen Rassen betroffen.

In Deutschland soll die Häufigkeit des Auftretens des Sommerekzems bis zu 29% betragen.

Das Auftreten scheint zuzunehmen, wobei es dafür keine verlässlichen Daten gibt. Mögliche Ursachen für das häufigere Auftreten könnten die Klimaerwärmung und der reduzierte Einsatz von Insektiziden in der Landwirtschaft sein.

Der Lebenszyklus der Insekten ist an Temperaturen über 5° C gebunden, weshalb das Sommerekzem hierzulande nur in der warmen Jahreszeit auftritt.

In den Wintermonaten können die Symptome der Erkrankung vollständig abheilen.

 

Blutig geriebene Hautpartien 

Das unfehlbare Symptom ist der quälende Juckreiz. Durch das damit verbundene Scheuern entstehen zerzauste oder blutig geriebene Mähnenkämme und Schweifrüben. In extremen Fällen sind diese Stellen haarlos, und auch die Unterseite des Brustkorbes ist blutig gescheuert. Durch Besiedelung der erkrankten Haut mit Bakterien und Pilzen können diese Stellen auch eitrig und nässend werden und den Juckreiz verstärken. Diese Tiere sind dann kaum zu reiten, weil sie sich zum einen ständig schütteln, nervös sind und versuchen, sich an allen möglichen Gegenständen zu reiben. Zum anderen ist es unverantwortlich, auf die lädierten Hautpartien einen Sattel oder Sattelgurt aufzubringen. Oft ist eine Zunahme des Schweregrades der allergischen Reaktion von Jahr zu Jahr zu erkennen.

Anhand der typischen Symptomatik und des saisonalen Auftretens des Sommerekzems bereitet die Diagnostik im Sommer kaum  Schwierigkeiten. Das Problem ist die Symptomfreiheit im Winter. Es kann sich also durchaus das „Schnäppchen“ beim Pferdekauf im Winter als „Sommerekzemer“ in den warmen Jahreszeiten entpuppen. Wenn man als Privatperson das Pferd von einem Unternehmer gekauft hat, kann man es zurückgeben.

Der Verkäufer muß nämlich beweisen, dass das Pferd bei ihm noch kein Sommerekzem entwickelt hatte. Beweisbar ist dies nur durch einen vor dem Verkauf durchgeführten Bluttest

(Funktioneller  In-vitroTest, FIT). Er zeigt eine bestehende Allergiebereitschaft des Tieres gegenüber Insektenspeichel an. Ein positiver FIT bedeutet allerdings nicht, dass das Pferd an einem Sommerekzem erkranken wird, denn das hängt von weiteren Faktoren wie Standort (Insektenaufkommen), Genetik sowie Fütterung ab.

 

Bei Dämmerung in  den Stall

Die besten vorbeugenden Maßnahmen sind, eine Überversorgung der Pferde mit Energie und Eiweiß sowie einen Mineralstoff- und Spurenelementmangel zu vermeiden (nur stundenweise auf die Weide, kurz gefressene Koppel, Mineralfutter für Pferde zufüttern, keine zusätzlichen Konzentrate). Weiterhin sollten die Pferde regelmäßig bewegt werden, um Übergewicht zu vermeiden. Während der Hauptflugzeiten der Insekten in der Dämmerung sollten die Tiere im Stall gehalten werden. Die Stallhaltung bietet den Pferden auch die Möglichkeit der Erholung von der Insektenplage. Während der Nacht und am helligten Tage können sie ruhig auf der Weide sein. Zu bevorzugen sind windige Koppeln. Koppeln in der Nähe von fließenden oder stehenden Gewässern als Brutstätte der Insekten sind zu meiden.

Wichtig ist, die betroffenen Pferde möglichst vor Stichen der Insekten zu schützen. Dies kann man zum einen durch das Auftragen von Repellentien (Mittel, die die Insekten fernhalten) auf die Haut und zum anderen durch das Tragen von Ekzemerdecken erreichen. Repellentien auf Permethrin-Basis sind in Deutschland für die Anwendung am Pferd zugelassen (zum Beispiel Wellcare-Emulsion). Allerdings ist deren Wirkungsdauer sehr von der jeweiligen Witterung abhängig. Billiger und „natürlicher“ ist dagegen die Anwendung von speziellen Pferdedecken,

die auch den Hals, die Ohren, die Schweifrübe sowie den Bauchbereich bedecken und damit für Insekten unzugänglich machen.

Durch die Impfung von Pferden im zeitigen Frühjahr mit dem Pilzimpfstoff Insol (zwei Impfungen im Abstand von zwei Wochen) konnten vor allem bei Tieren, die das Sommerekzem erst in jüngerer Zeit entwickelt hatten, gute Erfolge verzeichnet werden. Den betroffenen Tieren sollten auch Scheuermöglichkeiten in Form von Bürsten oder Besenköpfen angeboten werden, da diese die Haut weniger schädigen. Infektionen der Haut können mit deinfizierenden und heilenden Salben behandelt werden. In hartnäckigen Fällen kann eine Behandlung mit entzündungshemmenden und antiallergischen Medikamenten auf Kortisonbasis notwendig werden.

Bei Einhaltung der genannten Maßnahmen ist es durchaus möglich, den Juckreiz zu lindern und somit das Leben eines Ekzempferdes erträglich zu machen.