Der Herbst hat Einzug gehalten. Nun ist auch in der Pferdehaltung einiges zu beachten, damit die Tiere gut durch die kalte Jahreszeit kommen.

 

Ob Haflinger und Co. oder höher im Blut Stehende: Alle Pferde können robust gehalten werden.

 

Von Friederike Fritz

 

 

Prinzipiell kann jedes Pferd robust gehalten werden. Kein Tier muß aufgrund seiner Konstitution oder Nutzung in Boxenhaltung aufgestallt werden. Und dass nur die „richtigen“ Robustpferderassen wie Isländer, Haflinger oder Norweger ganzjährig draußen zu halten sind, ist ein unter vielen Pferdebesitzern noch immer kuriosendes Vorurteil. Bestes Beispiel dafür, dass im Südpferdetyp stehende Tiere, also auch unsere hiesigen Warmblüter, ganzjährig draußen gehalten werden können, ist der arabische Vollblüter. Das ursprünglich ans heißtrockene Wüstenklima angepasste Tier fühlt sich auch bei uns im dicksten Winter im Offenstall und im Paddock sichtlich wohl. Allerdings muß Robusthaltung ebenso durchdacht wie gewissenhaft betrieben werden, besonders in den Übergangszeiten.

 

Futtermangel auf den Weiden

Bereits im September sind viele Weiden derart abgefressen, dass die Tiere nicht mehr satt werden, geschweige denn sich mit dem wenigen Futter auf den Herbst vorbereiten können. Für viele Tiere in Weidehaltung beginnt hier bereits der langsame Futtermangel. Wenn es dann im November auch noch kalt und regnerisch wird, bauen die Pferde – gleichgültig ob robuste oder hoch im Blut stehende Tiere – recht schnell ab.

Viele Pferdebesitzer sind froh, dass der sommerliche Weidebauch endlich abschwillt, es fällt ihnen aber nicht auf, dass das ganze Pferd plötzlich „knochig“ wird. Der einsetzende Fellwechsel tarnt die Schwachstellen. Hier gilt es, Augenmaß zu behalten und rechtzeitig mit hochwertigem Heu und gezielten Kraftfuttergaben auch für Weidepferde dem Abmagerungsprozess Einhalt zu gewähren. Die Rippen sollen zu fühlen, jedoch nicht deutlich zu sehen sein. Und wenn das Pferd nach einem Regenguss in der Flanke eingefallen erscheint, wird es allerhöchste Zeit, die Fütterung zu optimieren, will man im Winter kein anfälliges oder gar krankes Pferd sein Eigentum nennen.

 

Jedem Tier das richtige Futter

Während Vertreter der Robustpferderassen  in den meisten Fällen mit einer ihrer Konstitution und ihrem Bedarf angepassten Heuzuteilung  zufrieden sind, sollte dem bewegungsfreudigen Südpferdetyp stets Heu rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Das heißt, dass Robustpferde und höher im Blut stehende Tiere eigentlich getrennt gehalten werden müssten.

Weiterhin sind bei edleren Tieren individuelle  Kraftfuttergaben (über den Tag verteilt mindestens zweimalige Fütterung, kleiner Portionen, besser drei- oder viermalig) ab November Pflichtprogramm für den Stallbetreiber. Auch in der Herde oder in der Gruppe lebende Tiere müssen den ihnen zugedachten Anteil Kraftfutter erhalten.  Es reicht aber nicht, einige Kilogramm davon in die Tröge zu verteilen.  Hier wird auch deutlich, dass gewissenhafte Robustpferde- beziehungsweise Offenstallhaltung ebenso arbeitsintensiv ist wie herkömmliche Stallhaltung.

Bei den Nordpferdetypen wird die Zufütterung mit Kraftfutter nur bei starker reiterlicher Beanspruchung, bei alten Pferden oder extremer Kälte notwendig.Wichtig ist, dass der Rauhfutteranteil der Gesamtration beim Südpferdetyp mindestens 50% betragen muß, beim Nordpferdetyp sogar etwa 75%.

Die Hauptfütterung, also ungefähr die Hälfte der Tagesration, sollte abends erfolgen, so dass die Tiere während der nächtlichen Stehzeiten und der Kälte mit ausreichender Energie versorgt werden.

 

Speckschicht für den Winter anlegen

Pferde in Robusthaltung sind allgemein dafür bekannt, dass sie leichtfuttrig sind und auch mit extrem schlechtem Wetter bis in  den späten Herbst hinein oft ohne festen Stall gut zurechtkommen. Aber auch hier muß differenziert werden. Für ältere Vertreter und auch Absetzer trifft diese Aussage nur bedingt zu. Ein Pferdesenior kann sein Futter in der Regel nicht mehr so gut verwerten, hinzu kommen meist Zahnprobleme, die die Aufnahme von Heu und Stroh erschweren. Oftmals kann das alte Pferd gar nicht die ihm zustehende Menge fressen, da die jüngeren Herdenmitglieder viel schneller sind und sich den Löwenanteil einverleiben. Und die kleine Menge Kraftfutter nach dem täglichen Ritt genügt auch nicht, um ein warmes Winterfell und eine schützende Speckschicht für den Winter anzulegen.

Viele Pferdesenioren verlieren dementsprechend in den kalten Monaten Körpersubstanz. Bei den einen bemerkt man den Mangel bereits im Fellwechsel im frühen Herbst, manche schieben zwar noch ein ordentliches Winterfell, bauen dann aber später ab. Mit langem, zotteligen Fell stehen sie dann auf der Winterweide und scheinen gut genährt. Verheerend, denn oft fällt niemandem auf, dass unter dem Pelz sich ein „Klappergestell“ verbirgt, dass sich bei Kälte kaum noch warm halten kann.  Meist werden diese Tiere dann im ausgehenden Winter krank und beginnen hartnäckig zu husten.  Ihre Rekonvaleszenz zieht sich oft bis in den Frühsommer hin. Während des Fellwechsels sollten vor allem bei älteren Tieren und Pferden , die auch im Winter viel draußen stehen, Futteröl und Bierhefe zugefüttert werden.

Das unterstützt den Stoffwechsel und spendet Energie.

Aber auch den jüngsten Herdenmitgliedern muß besonderes Augenmerk geschenkt werden. Absetzer wachsen schnell, bewegen sich viel und benötigen hochwertige Nährstoffe für ihre gesunde Entwicklung. Stehen sie in der einen Woche  noch gut da, können sie zwei Wochen später nach einem erfolgten Wachstumsschub schon zu mager sein.  Zwar sollen sie niemals fett werden, eine ausreichende Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen – also auch Eiweiß und Kohlehydraten – sollte aber dennoch gewährleistet sein.  Auch sie müssen entsprechend zugefüttert werden, wenn die Weide kark wird.  Hochwertiges Rauhfutter ist hier das Mittel der Wahl.  Übrigens: Ein dickes Bäuchlein weist bei den Jungpferden meist eher auf akuten Wurmbefall hin denn auf eine schützende Speckschicht.

 

Feste Unterkunft ist wichtig

Der Mythos „Pferde frieren nicht“ geistert noch vielerorts in den Köpfen vor allem von hartnäckigen Vertretern der Robustpferdehaltung herum.  Wer einmal ein altes Pferd oder einen Absetzer zitternd mit hängendem Kopf bei Dauerregen auf einer abgefressenen Weide hat stehen sehen, wird eines Besseren belehrt.  Nässe, Kälte, Wind und Hunger setzen Pferden sehr wohl zu – und sie frieren dann auch.

Wenn die Nächte kälter werden, sollten Pferde aus Robusthaltung die Möglichkeit haben, den Offenstall aufzusuchen.

Wenn im Herbst die Nächte feuchtkalt werden und die Pferde nur noch ein paar Halme zum Knabbern auf den Weiden finden, können sie in der Tat unterkühlen.  Die wirksamste Abhilfe ist nächtliches Einstallen und die abendliche Zufütterung von ausreichend Rauhfutter in Form von Heu und gutem Futterstroh sowie von individuell angepasstem Kraftfutter.

Pferde aus Robusthaltung müssen nun  Zugang zu ihrem Offenstall bekommen und mit den gleichen Maßnahmen bedacht werden.

Die Baumgruppe, die im Sommer auf der Weide als Schattenspender vor der Sonne schützte, ist nun kein ausreichender Witterungsschutz mehr. Vor allem bei der herbstlichen Kombination aus Regen, Wind und Kälte fangen auch „waschechte“ Robustpferde irgendwann an zu frieren.. Erst einmal nach stundenlangem Stehen in Wind und Regen durchnässt, schützt auch das dichte, Wasser abweisende Fell nicht mehr. Die Haare liegen nasskalt auf der Haut und können sich nicht mehr als schützendes , isolierendes Luftpolster aufrichten.  Das Pferd friert.   Und je stärker und länger es friert, desto mehr wärmende Energie muß der Körper aufbringen. In der Folge wird Fett abgebaut, das eigentlich vor Kälte schützen sollte.  Ein Teufelskreislauf entsteht, und am Ende wird das Pferd krank.  Das geschieht meist mitten im Winter wenn die Aussichten auf Genesung ohnehin am schlechtesten stehen.

Oft können regendichte Weide- und Paddockdecken, die leider nach wie vor von vielen Robustpferdehaltern als „Verweichlichung“ abgelehnt werden, gute Dienste leisten.

Der Handel bietet Decken mit und ohne Futter an, so dass für jeden Bedarf das passende Modell erhältlich ist.  Sie halten auch wildes Galoppieren, Wälzen und Dauerregen aus und bewahren so besonders anfällige Pferde vor dem Auskühlen.  Vor allem ältere Tiere bleiben beweglicher, da die Muskulatur und die Gelenke warm gehalten werden. Bevor man das Eindecken von robust gehaltenen Pferden ablehnt, sollte man im Einzelfall sehr genau prüfen, ob es nicht doch – zumindest zeitweise – Sinn machen kann.  Wichtig hierbei ist, nicht zu früh und wirklich witterungsabhängig einzudecken : erst wenn der Vierbeiner ein Winterfell geschoben hat, und dann auch nur, wenn wirkliche Schlechtwetterperioden mit Dauerregen und /oder strenger Kälte aufziehen.

 

Fazit

Ein trockener, windgeschützter Unterstand mit trittfestem Boden und eine gezielte, individuell durchdachte Fütterung vor allem von hochwertigem Rauhfutter in ausreichender Menge sind die Mindestvoraussetzungen für eine artgerechte Robusthaltung.

Es ist richtig, dass alle Pferde robust gehalten werden können (und auch sollten) mit viel Auslauf, frischer Luft und ganzjährigem Weidegang.  Aber im Einzelfall müssen entsprechende Maßnahmen zum Wohl des Tieres getroffen werden, die über das Mindestmaß zum Teil weit hinausgehen. Das kann schon mal ein warmes Mash am Abend und eine schützende Decke in der Nacht oder bei Dauerregen sein.