Wahrscheinlich beeinflusst Ultraschall die Orientierung der Tiere und kann so zu einer Belastung in der Pferdehaltung werden.
Von Dr. Ines von Butler-Wemken

 

Menschen hören in einem Frequenzbereich zwischen etwa 18 und 20 000 Hertz.  Ein Hertz bedeutet eine Schwingung pro Sekunde.  Pferde hören mindestens bis zu 38 kHz, also bis zu 38 000 Schwingungen pro Sekunde.  Alle Schallwellen, die über dem Hörbereich des Menschen und damit über 20 kHz liegen, heißen Ultraschall.  Schallwellen unter dem Hörbereich des Menschen werden Infraschall genannt.  Mit den Schallwellen aus dem Ultraschallbereich werden heute vor allem unsichtbare Strukturen untersucht.  Sie sind in der Human- und in der Veterinärmedizin zu dem wichtigsten bildgebenden Untersuchungsverfahren geworden.

Ultraschall wird auch von schnellen Verkehrsmitteln (Flugzeug, Bahn), von Lüftungsanlagen und von anderen schnell rotierenden mechanischen Anlagen erzeugt. Ultraschallsignale finden bei Warngeräten zur Vertreibung von Wild, Nagern und Insekten, in Alarmanlagen, Abstandssensoren, Radargeräten und sehr selten noch in Fernsteuerungsanlagen Verwendung.

 

Unerwartete Reaktionen

Für den Menschen stellt Ultraschall keine Belastung dar, weil die Schallsignale bereits außerhalb des menschlichen Hörbereiches liegen.  Pferde aber können Schallquellen bis zu einer Frequenz von mindestens 38 kHz noch deutlich wahrnehmen.  Das Hörvermögen des Pferdes ist damit im Vergleich zum Menschen zu deutlich höheren Frequenzen und auch zu höheren Pegelwerten verschoben.  Unter 8 kHz hören Pferde schon erheblich schlechter als Menschen, können aber Schallquellen bis zu einer Tiefe von 20 kHz noch wahrnehmen.

 

Mit Ultraschall können daher Signale erzeugt werden, die beim Pferd unerwartete Reaktionen auslösen.  Ein solcher akustischer Schreckreiz, für den Tierbetreuer nicht hörbar, verursacht beim Pferd häufig die sogenannte plötzliche Halsschulterreaktion.  Das Pferd nimmt dabei blitzschnell seine Schultern hoch, zieht den Kopf ein und spreizt seine Vorhand.

Diese Reaktion führt häufig auch zum Abwerfen des Reiters. Mit Anschließender Flucht erreichen die betroffenen Pferde dann eine Ausweichdistanz von der unbekannten Geräuschquelle.

Wird die Ausweichdistanz dabei eingeschränkt, etwa im Stall, kleinerem Auslauf oder auch beim Festhalten durch den Menschen, sind bei plötzlicher akustischer Belastung ausgeprägte Problemverhalten wie Steigen und Schlagen, bei Jungtieren auch ausgeprägte Schreckreaktionen wie Erstarren und Zittern beobachtet worden.  Somit wird deutlich, dass bei unerklärbaren Reitunfällen und auch bei unerwarteten Spontanreaktionen des Pferdes auch Ultraschallquellen in Betracht gezogen werden müssen.  Vertreibungsgeräte für Nager sollten in der Pferdehaltung deutlich über Hörbereich des Pferdes eingestellt werden.

Die zusätzliche Fähigkeit des Pferdes, beide Ohrmuscheln unabhängig voneinander in verschiedene Richtungen und damit auch auf verschiedene Schallquellen ausrichten zu können, und auch ein sogenannter Rückhalleffekt, bedingt durch den Neigungswinkel der beiden Schulterblätter, deuten zusätzlich darauf hin, dass das Pferd akustische Signale wohl auch in anderer Weise empfindet als der Mensch.

 

Gewöhnung nur selten möglich

Ultraschallsignale können von den Pferden aber auch selbst, wie bei anderen Tierarten schon bekannt, als Hilfsmittel zur Orientierung im Raum und als Möglichkeit zur artgleichen Verständigung abgegeben werden – eine Pferdesprache also, die wir Menschen nicht mehr hören können.

Der eindeutige Beweis für diese These steht für das Pferd jedoch noch aus, doch externe Ultraschallquellen könnten so zu einer zusätzlichen Belalastung in der Pferdehaltung werden.

Eine stressfreie Gewöhnung an den Schall ist überhaupt nur dann zu erwarten, wenn er ganz regelmäßig auftritt und keinen direkten Einfluß auf das Tier hat.

 

Medizinische Untersuchungsgeräte liegen weit über dem Hörbereich der Tiere.  Doch von Ultraschallsignalen, mindestens bis 38 kHz, ist eine tierschutzrelevante Belastung des Pferdes und damit verbunden auch eine Gefährdung des Pferdehalters zu erwarten.

Bei unerwarteten Reaktionen sollten daher mögliche Schallquellen im Bereich der Tiere wie Lüftungsanlagen und Warngeräte überprüft werden.